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Norbert Preuß ist seit 2007 Leiter der AHO-Fachkommission "Projektsteuerung/Projektmanagement".

DVP: Die Arbeit an einem Leistungsbild erstreckt sich über mehrere Jahre. Was war die größte Herausforderung bei der Überarbeitung des Heftes Nr. 9?

Norbert Preuß:

Die Herausforderung und der Erfolg des Regelwerkes des AHO-Heftes Nr. 9 bestehen darin, dass es bei der Konzeption der Leistungen und der Vergütung eine faire Balance zwischen den Anforderungen des Auftraggebers und dem Leistungsumfang des dienstleistenden Projektsteuerers geben muss. Dies haben wir in den letzten 20 Jahren in der Fachkommission als Leitlinie beachtet.

Meine Funktion als Leiter der AHO-Fachkommission nehme ich seit dem Jahre 2007 wahr. Die Entwicklung war stets dynamisch,  neue Entwicklungen haben die Welt der Projektsteuerung verändert. Hierzu gehören z. B. die zunehmende Integration von internetgestützten Projekträumen, die Integration von Nachhaltigkeitsprozessen, die Flexibilisierung der Projektsteuerungsleistungen im Hinblick auf verschiedene Unternehmenseinsatzmodelle, wie Generalunternehmer, Generalübernehmer bis hin zu Partneringmodellen. Diese Entwicklung könnte man noch in einer ganzen Reihe von Punkten ergänzen bis zum aktuellen BIM-Thema.

In der zweiten und dritten Auflage (2009) ging es um die stärkere Ausrichtung des Projektsteuerers auf den Erfolg der Projekte. In diesem Zuge haben wir auch die Fachkommission 2003 in “Projektsteuerung/Projektmanagement“ umbenannt und das Leistungsprofil um die Unterstützung des Auftraggebers in Linienfunktionen erweitert. Aus meiner Sicht die größte Herausforderung bestand in der Reflexion auf die allseits gut bekannten Problemprojekte in Deutschland. Die Bewertung unserer Projektmanagementkompetenz beschränkte sich nicht nur auf die Betrachtung von Projekten in Deutschland, sondern erstreckte sich auf globale Vorhaben. Angesichts der Tatsache, dass in Deutschland bis heute sehr viele Projekte professionell und gut abgewickelt werden, war eine kritische und sachliche Reflexion erforderlich. Nicht zuletzt auch durch die Mitwirkung des DVP in der Reformkommission der Bunderegierung, war  Initialzündung für die Ergänzung des Heftes Nr. 9 mit der Darlegung von differenzierten Leistungsbildern im AHO-Heft Nr. 19 (2. Auflage).

In diesem Fall lag die besondere Herausforderung in der Motivation, Einbindung und Führung von 20 renommierten Fachleuten aus verbundenen Unternehmen mit dem Ziel, die Regeln für das Projektmanagement in Großprojekten deutlich zu präzisieren oder auch zu verändern.

Meine persönliche Herausforderung lag vor allem in der Führung des Teams der Fachkommission. Und da kann ich rückblickend den Kollegen aus ganzem Herzen danken, die in dem Gesamtprozess sehr aktiv waren. Es hat sehr viel Freude gemacht, sich in einigen speziellen Diskussionspunkten konstruktiv und lösungsorientiert auseinanderzusetzen. Ich denke da an sehr „farbige“ Diskussionen zurück. Diese Erkenntnisse sind nun in das aktuelle Heft Nr. 9 als Schnittstelle eingeflossen.

Die Leistungen müssen sich an den Notwendigkeiten des Projektes ausrichten. Dabei müssen die Interessen des beauftragenden Auftraggebers und dem dienstleistenden Projektsteuerers in Einklang gebracht werden. Dies betrifft sowohl das Honorar mit den erforderlichen Personalkapazitäten als auch die erforderlichen Mitwirkungshandlungen des Auftraggebers in der Projektleitung.

DVP: Mit welchem Aspekt der neuen Auflage sind Sie besonders zufrieden?

Norbert Preuß:

Ich denke, wir haben damit eine gute Grundlage für die nächsten Jahre geschaffen.

Wir haben in der neuen Auflage deutlich zum Ausdruck gebracht, welchen Nutzen der Projektsteuerer durch konkrete Leistungen stiftet. Deswegen haben wir auch konkret dargelegt, welche Einzelergebnisse der Projektsteuerer in den jeweiligen Projektstufen zu erbringen hat. Des Weiteren haben wir auch Grundlagen geschaffen, die den erforderlichen Personalaufwand sichtbar machen. Wichtig war aus meiner Sicht ebenso, dass wir die ursprünglich als Bestandteil des gesamten Tableaus integrierten Besonderen Leistungen nun auf das AHO-Heft Nr. 19 beziehen können. Neu sind alle Ausführungen zum Themenfeld BIM. Wir haben zum einen definiert, welche Grundleistungen der Projektsteuerer im Zusammenhang mit BIM leisten muss und haben dies sorgfältig abgegrenzt von den Besonderen Leistungen des BIM-Managements.
Zusammenfassend sind in der neuen Auflage alle Kapitel überarbeitet und auch in Details ergänzt worden.
 

DVP: Ihre Legislatur als Fachkommissionsleiter endet 2021. Was möchten Sie ihrem potenziellen Nachfolger bzw. ihrer Nachfolgerin mit auf den Weg geben?

Norbert Preuß:

Er sollte sich darauf vorbereiten, dass die Aktivität sehr arbeitsreich ist. Dies gilt nicht nur für die Einberufung Führung und Nachbereitung von Fachkommissionen, die Einbindung verschiedener Beteiligter, die Vorgabe und Diskussion von Bearbeitungszielen, das Verfassen von eigenen Beiträgen, Prüfung und Koordination der anderen Beiträge, bis hin zum Bearbeiten vieler Korrekturschleifen. Dies kostet je Auflage mehrere Wochen ganze Arbeitszeit, die es – wie alle anderen Kollegen es auch tun – ehrenamtlich zu leisten gilt. Der ideelle Lohn ist allerdings beachtlich.

Meine Legislatur als Fachkommissionsleiter hat schon vier Mal geendet. Der AHO als Institution beruft die Fachkommissionsleiter je Periode, die dann in der Mitgliederversammlung des AHO gewählt werden. Insofern werde ich sicher vom AHO gefragt, ob ich nach 2021 den Staffelstab übergeben möchte und wenn, an wen.

Bei der Aufgabe geht es darum, den Standard der Projektmanagementleistungen in Deutschland gemeinsam mit den Kollegen in der Fachkommission gemäß den Anforderungen des Marktes und den spezifischen Projekten weiterzuentwickeln. Dabei gilt es insbesondere, die Messlatte in der Leistungs- und damit auch Haftungsanforderung so zu wählen, dass potenzielle Auftraggeber sowohl die Nutzenstiftung daraus erkennen, aber auch in der konkreten Projektarbeit erfahren. Die Diskussionen muss der Fachkommissionsleiter in diesem Sinne ergebnisorientiert führen.

Der Abstand zwischen den Auflagen des AHO-Heftes Nr. 9 betrug im Wesentlichen fünf Jahre. Daraus ergibt sich eine mögliche Neuauflage im Jahre 2025 oder auch früher, wenn dies inhaltliche Gründe erfordern. Es ist aus meiner Sicht deshalb wichtig, dass die Leitung der Fachkommission – ich bin der zweite Fachkommissionsleiter nach Prof. Diederichs – auch als längerfristige Herausforderung begriffen wird. Wichtig ist es, neue Impulse über neue Mitglieder der Fachkommission zu integrieren, allerdings auch den Grundgedanken des Leistungsbildes konsequent zu verfolgen. Dies ist nun seit 1993 aus meiner Sicht ganz gut gelungen.

Des Weiteren würde ich meinem Nachfolger oder meiner Nachfolgerin mit auf den Weg geben, dass dieser oder diese eine wesentliche Aktivität in konkreten Projekten haben muss, um die „echte“ Rolle des Projektsteuerers in den Prozess praxisorientiert einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, den überaus interessanten Ansatz unserer Projektmanagementleistungen in Deutschland aktiv zu beeinflussen und für die Definition und Fortschreibung von Standards verantwortlich zu sein.