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Rechtsberatung

Ein neues Urteil mahnt zur Vorsicht

von Prof. Dr. Klaus Eschenbruch, DVP-Vorstand, Rechtsanwalt, Kapellmann und Partner Rechtsanwälte GmbB

Berlin, 06.01.2021 - Projektsteuerer sollen Auftraggeber in allen Krisenlagen eines Projektes unterstützen und beraten und sind nicht selten mit der Fragestellung befasst, ob eine vorzeitige Trennung von Projektbeteiligten, die sich nicht vertragsgemäß verhalten, erforderlich ist. Es erscheint dementsprechend beinahe selbstverständlich, dass sich Projektsteuerer auch um etwaige Kündigungen von Projektbeteiligten kümmern.

Die Problematik einer solchen Beratungsleistung liegt allerdings darin begründet, dass die Grenze zur unerlaubten Rechtsdienstleistung schnell überschritten ist. Rechtsdienstleistungen sind Anwälten vorbehalten. Dabei ist die genaue Grenzziehung zwischen einer zulässigen Beratung und einer unzulässigen Rechtsdienstleistung eher eine Grauzone. Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert, § 2 Abs. 1 RDG (Rechtsdienstleistungsgesetz) In vielen Fällen wird die Beratungsleistung des Projektsteuerers diese Voraussetzungen erfüllen. Ihm kann aber helfen, dass nach § 5 RDG Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt sind, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- und Tätigkeitsbild gehören. So hat die Gerichtspraxis Beratungsleistungen von Architekten und Ingenieuren in der Regel großzügig behandelt und Leistungen bis hin zum Anti-Claim-Management als im Einzelfall zulässig beurteilt.

Anlass für die vorliegende Frage ist eine neue Entscheidung des OLG Koblenz , welches einen Architekten zum Schadensersatz verurteilt hat, weil er einen Auftraggeber zur Kündigung eines Bauvertrages beraten hatte. Im entschiedenen Fall hatte ein Architekt einen Auftraggeber zur Kündigung eines Bauvertrages beraten und ein Kündigungsschreiben formuliert. Im Nachhinein machte dann das Bauunternehmen geltend, dass die Kündigung ausschließlich als freie Kündigung zu werten sei und verlangte mit Recht die Kündigungsvergütung vom Auftraggeber. Das OLG Koblenz hat daraufhin den Architekten zum Schadensersatz verurteilt, weil er eine unzulässige Rechtsdienstleistung erbracht habe. Der Schadensersatzanspruch wurde im Kern darauf gestützt, dass der Architekt die Grenze zur unzulässigen Rechtsberatung überschritten habe. Allein dies rechtfertige die Geltendmachung des Schadensersatzanspruches. Ein Mitverschulden des Auftraggebers komme nicht in Betracht, selbst wenn dieser sich schließlich mit dem Bauunternehmen vergleichsweise verständigt habe.

Besonders misslich ist, dass derartige Leistungen der Architekten und Ingenieure nicht einmal von der Berufshaftpflichtversicherung abgedeckt sind, so dass in diesem Kontext höchste Vorsicht geboten ist.

Was bedeutet dies für die Praxis der Projektsteuerung? Immer dann, wenn es um die Durchsetzung konkreter Rechte, insbesondere die Wahrnehmung von Gestaltungs-rechten und die Geltendmachung von konkreten Ansprüchen geht, die rechtliche Fragestellungen inkludieren, kann der Projektsteuerer den Auftraggeber zu den technisch-wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, etwa einer Zweckmäßigkeit einer Kündigung im konkreten Projektkontext beraten. Die Kündigungserklärung und die Frage, ob die Kündigung wirksam und in welcher Form ausgeübt werden soll, sollte er der Rechtsberatung des Auftraggebers überlassen. Auch bei der Vertragsgestaltung ist Vorsicht geboten. Zwar kann ein Projektsteuerer handelsübliche Formulartexte zur Verfügung stellen, bei der Ausgestaltung einzelner Vertragslösungen, wie etwa Vertragsstrafen, die sich in der Praxis als sehr schwierig rechtssicher konzipierbar darstellen, ist indessen Vorsicht geboten. Hier wird wiederum die Grenze zur unerlaubten Rechtsdienstleistung schnell überschritten, so dass ein erhebliches Schadenspotenzial entstehen kann.