
von Prof. Dr. Klaus Eschenbruch
Rechtsanwalt
Der Bundesrat hat am 18.09.2020 der Verordnung der Bundesregierung zur Novellierung der HOAI und dabei der Umsetzung der Entscheidungen des EuGH hinsichtlich der unzulässigen Mindest- und Höchstsätze zugestimmt. Die neue HOAI, deren Leistungsbilder gänzlich unverändert geblieben sind, gilt für Neuverträge ab dem 01.01.2021.
Die Bundesregierung hat die Textvorschläge des Referentenentwurfes im Wesentlichen übernommen und lediglich kleinere redaktionelle Änderungen vorgenommen, dabei auch Vorschläge des DVP aufgegriffen und die Grundsatzüberlegungen, wonach Honorarvereinbarungen vorrangig sind, durch eine neuen § 2a HOAI umgesetzt. Des Weiteren wurden Klarstellungen in der Begründung des Verordnungsentwurfes vorgenommen.
Was gilt nun für Neuverträge ab dem 01.01.2021?
1. Die HOAI hat fortan nur noch Orientierungscharakter. Die Vertragsparteien können beliebige Honorarvereinbarungen treffen. Sie sind an keine Berechnungsmethodik gebunden und können insbesondere Zeitaufwands- oder Pauschalverträge schließen. Es steht ihnen aber weiterhin frei, (freiwillig) auf die Berechnungssystematik der HOAI zurückzugreifen. In einem solchen Fall ist naturgemäß klarzustellen, welche Berechnungsgrund-lagen aus der HOAI in einem solchen Fall zugrunde gelegt werden sollen.
Eine entsprechende Regelung muss nicht schriftlich, sondern kann in Textform getroffen werden. Sie kann auch im Laufe eines Projektes noch getroffen werden. Der Abschluss einer schriftlichen Vergütungsvereinbarung vor Beauftragung ist nicht mehr erforderlich.
2. Treffen die Vertragsparteien keine Regelung, dann gilt der so genannte Basishonorarsatz (bisheriger Mindestsatz), der nach den Berechnungsvorschriften der HOAI ermittelt wird, verbindlich. Die HOAI enthält dementsprechend eine Auffanglösung für Fälle, in denen die Vertragsparteien keine Regelung treffen. Hierzu dienen weiterhin die allgemeinen Vergütungsvorschriften der HOAI, die eine Ermittlung des Basishonorars erst ermöglichen. Für den Abschluss einer von der HOAI abweichenden Honorarvereinbarung bedarf es eines Rückgriffs auf die allgemeinen Vorschriften zur Honorarfindung nicht. Die Vertragsparteien können allerdings weiterhin Berechnungshonorare unter ihrer Verwendung vereinbaren.
Infolge der Neuregelung gelten auch die bisherigen Beratungshonorare, die in der Vergangenheit aus dem Anwendungsbereich der HOAI herausgefallen waren (Anlage 1 Umweltverträglichkeitsstudien, Bauphysik, Geotechnik und Ingenieurvermessung), in Bezug auf die Grundleistungen als vereinbart, wenn die Vertragsparteien keine andere Regelung treffen. Dementsprechend hat es eine teilweise Rückverankerung der so genannten Beratungsleistungen in die HOAI-Systematik gegeben.
3. Im Verhältnis zu Verbrauchern besteht eine Belehrungspflicht dahingehend, dass ein höheres oder niedrigeres Honorar als die HOAI vereinbart werden kann. Erfolgt ein entsprechender Hinweis in Textform nicht oder nicht rechtzeitig, gilt für die vereinbarten Grundleistungen ebenfalls maximal das so genannte Basishonorar.
4. Änderungen zur Honorarhöhe als solche sowie der Elemente für die Ermittlung des Berechnungshonorars nach der HOAI sind nicht vorgenommen worden. Die Höhe des Honorars ist also unverändert geblieben. Auch die Leistungsbilder sind – obgleich dringend modernisierungsbedürftig – nicht verändert worden.
5. Für die Praxis bedeutet die Neuregelung der HOAI, dass eine weitergehende Vertragsfreiheit besteht. Bei der Vertragsgestaltung wird sich in der Zukunft die Frage stellen, ob Honorare nach dem System der HOAI vereinbart werden sollen oder auf anderer Grundlage. Bei der Ausgestaltung von Berechnungs-honoraren entsprechend der HOAI wird das Augenmerk vermehrt auf der Vermeidung von Ungenauigkeiten und Unzulänglichkeiten der Berechnungshonorarsystematik der HOAI liegen. Auch andere Berechnungssystematiken werden in Wettbewerb zur HOAI-Lösung treten.
Das große Dilemma der dringend anpassungsbedürftigen Leistungsbilder der HOAI ist nicht beseitigt worden. Gerade für das Projektmanagement ergibt sich damit die Notwendigkeit, die Leistungsbilder der HOAI mit Bedacht unter Berücksichtigung der heutigen Projektanforderungen an die Planung anzupassen. Dies gilt nicht nur, aber insbesondere in Fällen des Einsatzes digitaler Planungsmethoden.